» Home » Berichte

Wir haben die 4trails gerockt

Von Gregor Elskamp am 26.07.13

Geschafft. Letzte Woche haben Jürgen, Torsten und meiner Einer unser Projekt 4trails erfolgreich hinter uns gebracht. Erfolgreich heißt, dass wir nach 4 Etappen durch die Alpen, 160km Laufen und 10.000 Höhenmetern alle drei heil das Ziel im schweizerischen Samnaun erreicht haben. Jürgen lief in der Gesamtwertung aller Etappen auf Platz 12 in der Kategorie Master Men ein, Torsten landete auf Platz 56 in der jüngeren Wertung Men und ich belegte Platz 16 in der gleichen Altersklasse wie Jürgen. Platzierungen spielten aber für uns nicht die Hauptrolle. Es galt zuerst die Devise, das Rennen zu schaffen und möglichst auch genießen zu können. Auf den vielen Gipfeln nahmen wir uns immer Zeit, die tollen Aussichten in die weiten Täler und zum Teil schneebedeckten Bergmassive zu genießen. Gerne haben wir auch Erinnerungsfotos gemacht. Soviel Zeit muß sein.

Von der ersten Etappe an hat uns die Strecke ans Limit gebracht, forderte mehr ab als wir als unerfahrene Flachland-Trailrunner erwartet hatten. Trotz Kurztrainingslager in Oberstdorf und etlichen Trailläufen im Siebengebirge und Bergischen Land mußten wir feststellen, dass unsere Vorbereitung nicht allzu viel mit dem zu tun hatte, was uns tatsächlich erwartet hat. Die Höhenprofile haben wir vorher genau studiert, doch dieser Trailrun hatte viel mehr zu bieten als lange Steigungen.

Während wir es gewohnt waren, im Training die eher moderaten Steigungen und Gefälle im Laufschritt zu absolvieren, war hier bei vielen steilen Passagen an Laufen nicht mehr zu denken. Selbst im Wanderschritt bin ich teilweise an meine Grenzen gekommen. Verrückt. Ein Mal war ich direkt unterhalb eines Gipfelkreuzes sogar auf allen Vieren unterwegs. Das war kein Trailrun, sondern ein Trailclimb. Unbekannt waren für uns auch die vielen technisch anspruchsvollen Abschnitte durch grobes Geröll und verwinkelten Singletrails. Häufig lief man direkt an der Kante zum Abgrund. Einige Male bin ich dort lieber mit Schlagseite zum Berg gelaufen. Wenn es sehr steil und technisch wurde, ging es auch bergab nicht immer im Laufschritt. Dann mußte man sich auf jeden Schritt konzentrieren. Hinzu kam die Höhe bis auf fast 2.800 Metern. Die Luft ist in dieser Höhe spürbar dünner, man lechzt auch auf flachen Passagen nach Sauerstoff.

Jürgen erwischte einen perfekten Start in das Rennen. Auf der ersten Etappe von Garmisch nach Ehrwald stürmte er nach 37 km mit 2.500 Höhenmetern in 4:37 Std auf Gesamtplatz 16 und Platz 6 seiner Altersklasse. Er habe sich die ganze Zeit wohl gefühlt, jubilierte Jürgen. Nicht so gut erging es Torsten und mir. Ich war schon mit dem ersten schweren Berg überfordert, fing mir im Abstieg schmerzhafte Krämpfe im rechten Oberschenkel ein und war am zweiten Anstieg froh, auf schmalem Pfad in einen Stau zu geraten. Eine gute Gelegenheit, mich ein bisschen zu erholen. Von da an war bei den Abstiegen immer Vorsicht geboten. Nach 5:14 Std war ich froh, das Ziel zu sehen, ahnte aber schon jetzt, dass mir die schwere zweite Etappe einen langen Tag bescheren würde. Torsten hatte mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Geschwächt von leichtem Durchfall in der Nacht vor dem Start, mühte er sich kraftlos über den Kurs und erreichte erst nach 5:45 Std das Ziel. Jeder von uns hatte im Verlauf der vier Tage Höhen und Tiefen. Auch in den nächsten Tagen erreichten wir zum Teil weit voneinander entfernt das Ziel.

Die Abläufe waren an allen vier Tagen gleich. Morgens früh aufstehen (ca. 5-6 Uhr), Frühstücken und den obligatorischen Kaffee zum Wachwerden runterkippen. Nach dem Startschuß zwischen 7 und 8 Uhr waren wir einige Stündchen (4 bis 8 Std) mit unserer Etappe beschäftigt. Unsere Frauen durften derweil das Gepäck zum nächsten Ort bringen, ins Ziel hetzen und hoffen, dass wir ohne größere Blessuren ankommen. Im Ziel hieß es Wunden lecken, versorgen und ausruhen. Abends dann Pasta Party und Briefing für die nächste Etappe. Vor der Schlafenszeit gab es noch ein gemeinsames Genußbierchen.

Die zweite Etappe von Ehrwald nach Imst war mit 44,5 km und 2.900 Höhenmetern zusammen mit der vierten die schwerste Etappe der 4tails. Schon nach einem Kilometer ging es in den ersten schweren Berg. Torsten hatte sich über Nacht offensichtlich gut erholt und stiefelte zusammen mit Jürgen schnellen Schrittes in die Höhe. Kurz vor der ersten Bergkuppe führte die Strecke zum ersten Mal durch ein Schneefeld. In kleinen, unsicheren Schritten arbeiteten sich die meisten irgendwie nach oben. Ich kam mir vor, als wenn ich gerade den Mount Everest besteige. An der Grünsteinscharte wurde man in beide Richtungen mit einer traumhaften Aussicht ins Tal belohnt. Beim Blick auf die weiter unten kraxelnden Athleten war ich froh, schon oben zu sein. Es folgte ein schöner Laufabschnitt entlang einem Bachlauf und dann ein zweiter langer Aufstieg hoch zum Haiminger Kreuz. Am Gipfelkreuz hatte es sich Torsten bereits gemütlich gemacht und genoß eine Verschnaufpause. Zu mehr als einem gemeinsamen Foto reichte es aber nicht, denn bergab humpelte ich mit dem verkrampften Oberschenkel mehr als dass ich lief. Torsten hat sich direkt nach vorne verabschiedet. Auch Jürgen hatte auf dem letzten Stück mit einer dicken Blase unter der Ferse seine Probleme, war aber mit 6:49 Std wieder früh im Ziel. Torsten kam eine halbe Stunde später in 7:18 Std rein, ich eine weitere Viertel Stunde später nach 7:32 Std.

Die ganzen Tage über war es sonnig und warm. Perfekte Bedingungen für einen Landschaftslauf. Die Wärme machte uns kaum zu schaffen, denn früh morgens am Start waren es nicht mehr als 13-15 Grad und wenn es sich im Tal aufwärmte, standen wir schon auf irgendeinem Gipfel. Richtung Ziel konnte es etwas wärmer sein, aber meist ging es da bergab und man konnte es laufen lassen.

Der dritte Tag von Imst nach Landeck war ein vermeintlich leichter Tag. Sehr witzig, 31 km und 1.800 Höhenmeter nennt man jetzt schon Erholungstag. Im Prinzip ging es schnurstracks einen Berg hoch und wieder runter. Zum Einlaufen wurden uns 5 flache Kilometer geschenkt. Ich hatte die schlimmsten Befürchtungen für meinen Oberschenkel, aber die Beine fühlten sich schon auf den ersten Kilometern merkwürdig locker an. Nach einem unfreiwilligen Stop an einem Bahnübergang (wir erhielten hierfür eine Zeitgutschrift) wurde ich etwas mutiger und schloß bis zum Gipfel auf Jürgen auf. Von da an liefen wir den größten Teil der Strecke zusammen und kamen kurz nacheinander nach 4:10 Std bzw. 4:19 Std ins Ziel mitten in der Fußgängerzone von Landeck. Auch Torsten ließ nicht lange auf sich warten (4:23 Std).

Ausgerechnet auf der letzten Etappe von Landeck nach Samnaun bekamen wir zwei Extra-Kilometer aufgedrückt. Die geplante Route mußte an einer Stelle wegen eines Erdrutsches gesperrt werden. 47 km und 2.900 Höhermeter, so lautete das Restprogramm. Auf den ersten flachen Kilometern haben wir es tatsächlich zum ersten Mal in den vier Tagen hinbekommen, alle drei zusammen zu laufen. Zum Anstoßen war es aber leider noch zu früh. Der erste Berg zog sich zunächst fies über ein Asphaltstück. Zu steil zum Laufen, zu flach zum Wandern. Jeder hatte seine eigene Technik und schon bald hatten wir uns wieder getrennt. Weiter oben ging es eine Skipiste hoch, gefühlt Kategorie dunkelschwarz. Über den ersten Gipfel am Fisser Joch führte uns der Weg auf übersichtlichem kleinen Trail ein Stück bergab, bevor wir den letzten Anstieg zur Ochsenscharte, dem höchsten Punkt (2.787 Meter) der gesamten Strecke, in Angriff nehmen durften. Noch einmal durch ein steiles Schneefeld und dann durfte zum ersten Mal gejubelt werden, denn von da an ging es nur noch bergab die letzten 15 km in unseren Zielort Samnaun. 6:26 Std dauerte die vierte Etappe bei mir, Jürgen und Torsten folgten nach 6:50 Std bzw. 7:32 Std.

Zur Siegerehrung wurden wir am letzten Abend mit der Gondel auf eine Skihütte gefahren. Wir gönnten uns einen weiteren Tag in Samnaun zum Abspannen, bewegten uns auf Sparflamme, nutzen statt dessen ausgiebig das weitläufige Gondelsystem zum Sightseeing und ließen uns auf einer Hütte bei einem lecker Bierchen die Sonne auf den Pelz brennen. Ein toller Abschluß für ein Wahnsinns-Rennen.

Den Gedanken "Nie wieder" hatte ich vom ersten Tag an auf jeder Etappe. Zum einen, weil es sauanstrengend war und es mir am Anfang nicht gut ging, zum anderen, weil mich die Veranstaltung zeitweilig an einen großen Wandertag erinnerte. Ich wäre gerne mehr gelaufen. Aber mit ein bisschen Abstand sehe ich die Angelegenheit schon wieder gelassener:-) Das war definitiv ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte. Torsten wird es im nächsten Jahr wieder auf die Strasse ziehen und Jürgen wird ganz sicher weiter dran bleiben.

Weitere Berichte